Archiv der Kategorie: Presse

Sächsische Mittelbauinitiativen fordern Rektorate auf, sich von der „Bayreuther Erklärung“ der Kanzlerinnen und Kanzler deutscher Universitäten zu distanzieren

Landesvertretung akademischer Mittelbau Sachsen (LAMS)
Mittelbauinitiative der Universität Leipzig (MULE)
Mittelbauinitiative der TU Dresden (mid)
Referat Hochschule und Forschung der GEW Sachsen

Sächsische Mittelbauinitiativen fordern Rektorate auf, sich von der „Bayreuther Erklärung“ der Kanzlerinnen und Kanzler deutscher Universitäten zu distanzieren

Die Landesvertretung akademischer Mittelbau Sachsen und die Mittelbauinitiativen der TU Dresden sowie der Universität Leipzig
fordern die Rektorate der vier sächsischen Universitäten dazu auf, sich von der „Bayreuther Erklärung“ der Kanzlerinnen und Kanzler deutscher Universitäten zu distanzieren. Die Reduzierung der Universitäten auf ein reines „Qualifizierungssystem“ werde weder den Arbeitsrealitäten des akademischen Mittelbaus noch den gesellschaftlichen und rechtlichen Anforderungen gerecht, die an Hochschulen gestellt werden. Damit Universitäten als Ort von Forschung und Lehre funktionieren, brauche es gute Arbeits- und Beschäftigungsbedingungen. Die Initiativen vertrauen darauf, dass CDU, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN und SPD in möglichen Koalitionsverhandlungen ein umfassenderes Verständnis von der Institution Universität beweisen, als es die Kanzlerinnen und Kanzler der deutschen Universitäten offenkundig haben, und die Weichen für eine gute Personalpolitik an sächsischen Hochschulen stellen.

„Was wir brauchen, ist eine Ende des Befristungswahnsinns an den Universitäten und den Einstieg in eine moderne und den Aufgaben in Forschung und Lehre angemessene Personalstruktur. Das heißt nicht nur, dass wir uns darüber verständigen müssen, was wir unter wissenschaftlicher Qualifizierung an Hochschulen verstehen. Wir müssen insgesamt weg von einer Kultur, in der allein ein weit in die Zukunft verlagertes Karriereziel Professur den Verbleib in der Wissenschaft garantiert. Wir brauchen unbefristete Stellen neben der Professur, um der Tatsache gerecht zu werden, dass diese Mitarbeiter*innen bereits Daueraufgaben in Forschung und Lehre übernehmen.“ Benjamin Engbrocks, Referatsleiter Hochschule und Forschung der GEW Sachsen.

„Auf der letzten Personalversammlung an der Universität Leipzig wurde berichtet, dass 40 % der befristet beschäftigten wissenschaftlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Universität einen Vertrag von nicht länger als 6 Monaten haben. Darunter dürfte ein nicht unerheblicher Anteil an Kolleginnen und Kollegen mit Doktortitel oder Habilitation sein. Wenn die befristete Beschäftigung tatsächlich der Qualifizierung von Fachkräften für Wirtschaft und Verwaltung dient, wie es die Kanzlerinnen und Kanzler der deutschen Universitäten ja behaupten, dann würde mich schon einmal interessieren, wofür auf einer Stelle von unter sechs Monaten denn hier konkret noch qualifiziert wird?“ Stefanie Wiemer, Mittelbauinitiative der Universität Leipzig (MULE)

„Ich möchte den Kanzlerinnen und Kanzlern der sächsischen Universitäten einen Blick in das sächsische Hochschulgesetz empfehlen. In § 5 werden die Aufgaben der Universitäten in fünf Absätzen erläutert. Die Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses – und dazu dürfte die wissenschaftliche Qualifizierung ja gehören – ist dabei nur einer von insgesamt dreizehn Unterpunkten im zweiten Absatz. Wenn die Kanzlerinnen und Kanzler nun alle Beschäftigung im Mittelbau als Qualifizierung
deklarieren, dann wird dies vielleicht ihrem Bedürfnis nach uneingeschränkter Flexibilität im Umgang mit Personal gerecht, es wird aber nicht den Aufgaben gerecht, die die Hochschulen laut Gesetz zu erfüllen haben.“ Dr. Mathias Kuhnt, Landesvertretung akademischer Mittelbau (LAMS)

„Last but not least wirkt sich diese Personalpolitik ganz konkret auf die Arbeit des wissenschaftsunterstützenden Personals aus und bedeutet einen immensen Mehraufwand sowohl in den oft unterbesetzten Sekretariaten als auch in der Universitätsverwaltung, die mit Viertel- oder halben Stellen dieses System der Unterfinanzierung mit unbezahlter Mehrarbeit und Dauerüberlastung ausgleichen müssen. Haben sich jemals Politiker für den Arbeitsalltag des nichtwissenschaftlichen Personals interessiert?“ Katrin Kindermann, Mittelbauinitiative der TU Dresden (mid)

PM — LAMS: Koalitionspartner müssen Ihren Verpflichtungen aus dem Zukunftsvertrag nachkommen

Landesvertretung des Akademischen Mittelbaus Sachsen (LAMS):
Koalitionspartner müssen Ihren Verpflichtungen aus dem Zukunftsvertrag
nachkommen

Bund und Länder haben sich im Mai 2019 auf den sogenannten Zukunftsvertrag geeinigt, der den bis 2020 bestehenden Hochschulpakt
ablösen soll. Bei einem ungefähr gleichbleibenden Finanzrahmen korrigiert der Zukunftsvertrag einen Konstruktionsfehler seines
Vorgängers: Die Mittel stehen unbefristet zur Verfügung und die Länder sind aufgefordert, mit diesen Mitteln unbefristete Stellen an den Hochschulen zu schaffen.

„Die derzeitige Personalstruktur an deutschen und insbesondere sächsischen Hochschulen ist das Resultat jahrzehntelanger
Vernachlässigung und falscher Weichenstellungen in der Hochschulpolitik“, so Mathias Kuhnt, Sprecher der LAMS, und weiter: „Ein
Großteil der genuinen Aufgaben der Hochschulen wird durch Promovierende – also Personen kurz nach dem Masterabschluss – mit oftmals kurz befristeten Arbeitsverträgen geleistet. Ein weiterer Verbleib danach ist nur schwer und unter Hinnahme prekärster Bedingungen möglich. Von planbaren Karrierewegen an den Hochschulen, zu denen sich das Land und die Hochschulen mit dem Rahmenkodex verpflichtet haben, kann keine Rede sein. Diese Bedingungen haben negative Auswirkungen insbesondere auf die
Qualität von Studium und Lehre durch einen organisierten Brain-Drain, da permanent Promovierende neu beschäftigt und möglichst bald wieder fallen gelassen werden.“

Eigentlich wäre es nach Ansicht der LAMS schon lange Aufgabe des Freistaates gewesen, hier einzugreifen. Der Zukunftsvertrag wurde nun mit der Maßgabe geschlossen, dies nachzuholen. Die Schaffung von unbefristeten Stellen im erheblichen Umfang-im Gespräch sind sachsenweit 1000 Stellen aus dem Zukunftsvertrag- wäre ein erster Schritt hin zu einer ausgeglichenen und nachhaltigen Personalstruktur. Die LAMS fordert, dass diese Mittel nicht eingesetzt werden dürfen, um wieder nur
reine Lehrstellen zu schaffen. Dies sei weder notwendig angesichts der Anzahl der Stellen, die mit den Mitteln von Bund und Land aus dem Zukunftsvertrag geschaffen werden könnten, noch wird es dem Ziel des Vertrags gerecht, die Qualität von Lehre und Studium zu fördern. Vielmehr sollen normale Mittelbaustellen geschaffen werden, die die Einheit von Forschung und Lehre als Grundprinzip unserer Universitäten sicherstellen.

„Die neuen Koalitionäre dürfen sich“, fordert Mathias Kuhnt, „ihrer Verpflichtungen aus dem Zukunftsvertrag nicht entziehen und müssen diese Ziele im Koalitionsvertrag festschreiben, um hier Klarheit und Verlässlichkeit zu schaffen.“

Pressemitteilung — Nun müssen auch die Arbeitsbedingungen exzellent werden!

vom 1. Oktober 2019

Nun müssen auch die Arbeitsbedingungen exzellent werden! – Wie die Bedingungen für eine konsequente Umsetzung des Zukunftsvertrages an der TU Dresden sicherzustellen sind

Bund und Länder haben sich im Mai 2019 auf den Zukunftsvertrag geeinigt, der den bis 2020 bestehenden Hochschulpakt ablösen soll. Im Gegensatz zu seinem Vorgänger sollen die Mittel für den Zukunftsvertrag unbefristet zur Verfügung stehen und die Länder sind aufgefordert, mit diesen Mitteln unbefristete Stellen an den Hochschulen zu schaffen.

Die TU Dresden konnte in diesem Jahr nicht nur ihren Status als Exzellenzuniversität bestätigen, sondern hat sich im Sinne der Umsetzung des 2016 von ihr unterschriebenen „Rahmenkodex über den Umgang mit befristeter Beschäftigung an Hochschulen“ auf den Weg gemacht, die Arbeitsbedingungen von prekär Beschäftigten an Hochschulen zu verbessern. Nach wie vor sind aber noch fast 90% der Beschäftigten wissenschaftliche Mitarbeiter*innen in befristeten Verträgen, die oft nicht länger als ein Jahr Laufzeit aufweisen. Verantwortlich dafür ist nicht zuletzt der hohe Anteil der drittmittelfinanzierten Stellen, auf denen an der TU Dresden ungefähr die Hälfte aller Mitarbeiter*innen beschäftigt werden. Diese Mittel stehen meist nur befristet zur Verfügung, sodass sich die Verträge auch daran orientieren.

Lisa Janotta, Mitglied der Mittelbauinitiative der TU Dresden stellt dazu fest: „Dass die Mittel des Zukunftsvertrages unbefristet zur Verfügung stehen, eröffnet die Möglichkeit, diese Mittel auch für entfristete Stellen einzusetzen. Hier kann nun endlich etwas für die Mitarbeiter*innen getan werden – der TU Dresden sind die Ressourcen gegeben, den Anteil der entfristeten Stellen deutlich zu erhöhen.“

Mit der Schaffung von entfristeten Stellen auf der Basis des Zukunftsvertrags vor allem im Post-Doc Bereich, also für Mitarbeiter*innen, die bereits ihre Promotion abgeschlossen haben, hat die TU Dresden nun die Chance, ihren Verpflichtungen aus dem oben genannten Rahmenkodex nachzukommen. Nicht nur für die Entfristung ist der Rahmenkodex ein wertvoller Kompass: Er beinhaltet weiterhin die Selbstverpflichtung der Hochschulen, durch adäquate Personalentwicklungs- und Personalplanungskonzepte, individuelle Karrierewegen zu planen und zu ermöglichen. Derzeit finden sich
Beschäftigungsperspektiven aber eher außerhalb oder in prekären Kettenbefristungen an den Hochschulen. Gleichzeitig sind die Hochschulen auch trotz unbefristet zur Verfügung stehender Mittel zurückhaltend mit Entfristungen und führen hier Argumente an, die auf die Konkurrenz der Universitäten und die daher vermeintlich benötigte Personalflexibilität abheben.

„Um bessere Arbeitsbedingungen zu schaffen und gleichzeitig keine Nachteile der Hochschulstandorte zu generieren, brauchen wir jetzt ein starkes politisches Signal, das die Entfristung für alle Hochschulen in Sachsen festschreibt. Die beteiligten Parteien sollte hier mit einem Statement voran gehen, indem sie sich das Ziel der Entfristung der aus dem Zukunftsvertrag finanzierten Stellen zu eigen machen und das Thema in den derzeit laufenden Sondierungs- und ggf. anschließenden
Koalitionsgesprächen vorantreiben. Nur so können auch die Arbeitsbedingungen an der TU Dresden exzellent werden“, fordert David
Jugel, ebenfalls Mitglied der Mittelbauinitiative Dresden.

PM: Offener Brief zum WissZeitVG

Mittelbauinitiativen fordern in offenem Brief umfassendere Änderung des Wissenschaftszeitvertragsgesetzes (WissZeitVG)

Anlässlich der ersten Lesung des Entwurfs für ein Änderungsgesetz des WissZeitVG wenden sich Mittelbauinitiativen aus ganz Deutschland in einem offenen Brief an Bildungsministerin Wanka und die Abgeordneten des Bundestags.

Über Kritiken der Gewerkschaften hinausgehend fordern sie darin eine sehr viel konsequentere Reform. Denn an den für die betroffenen Wissenschaftler*innen biographisch und beruflich desaströsen Wirkungen des Gesetzes und dessen gegenwärtige Anwendungspraxis ändert die geplante Novellierung nichts. Die derzeitige Befristungspraxis führe zu einer „absurden Konsequenz“, die Tino Heim vom Sprecher*innen-Team der Mittelbauinitiative Dresden wie folgt erläutert: „Wir Wissenschaftler*innen werden unter dem Vorwand, dass wir uns für die Forschungs- und Lehrtätigkeiten, die wir fortwährend erfüllen, erst noch qualifizieren müssten, 2 mal 6 Jahre befristet beschäftigt. Sobald wir aber das sog. Qualifikationsziel – den Dr. habil. – erreichen, erwartet die Mehrzahl von uns ein faktisches Berufsverbot für ein ganzes Berufsfeld, in dem wir uns 12 Jahre lang bewährt haben. Denn die Möglichkeiten der sachgrundlosen Befristung sind dann ausgereizt und unbefristete Erwerbsverhältnisse unterhalb der wenigen Professuren gibt es kaum noch.“ PM: Offener Brief zum WissZeitVG weiterlesen

Pressemitteilung zum Wissenschaftszeitvertragsgesetz

Deutsche Mittelbauinitiativen weisen Forderungen der „Allianz der Wissenschaftsorganisationen“ zurück und fordern Novelle des Wissenschaftszeitvertragsgesetzes

Anlässlich der Anhörung zum wissenschaftlichen Nachwuchs und der Novellierung des Wissenschaftszeitvertragsgesetzes (WissZeitVG) im Bundestagsausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung am 29. Juni 2015 sowie vor dem Hintergrund des Briefes der „Allianz der Wissenschaftsorganisationen“ vom 03. Juni 2015 erklären Mittelbauinitiativen aus Dresden, Leipzig, Münster, Berlin und Mannheim, dass eine baldige Novellierung des Wissenschaftsgesetzes zwingend notwendig sei und begrüßen deshalb die angestoßene Debatte im Bundestag. Pressemitteilung zum Wissenschaftszeitvertragsgesetz weiterlesen