PM: TU Dresden schwächt Gleichstellungsarbeit durch umstrittene Strukturentscheidung

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Die Mittelbauinitiative Dresden (mid), das Referat Gleichstellung des Student*innenrates (StuRa) und viele weitere Beschäftigte der TU Dresden wendeten sich am 15.9.2016 mit einem offenen Brief an die Universitätsleitung der TU Dresden. Hintergrund war die Entscheidung des Rektorats, die jeweils mit unterschiedlichem gesetzlichem Auftrag unterlegten Ämter der zentralen Gleichstellungs- und Frauenbeauftragen zusammenzuführen. Damit wird der weisungsungebundene Part der Gleichstellungsarbeit geschwächt zugunsten der zweifellos auch wichtigen, aber nicht unabhängigen Arbeit der Stabsstelle für Diversity-Management. Begründet wird die Entscheidung mit dadurch erzielbaren „Synergieeffekten“. Diese dürften aber bei genauerer Betrachtung hinter der bislang erzielten sogenannten „Effizienzrendite“, die aus der Verteilung der umfangreichen Aufgaben auf zwei 50%-Stellen resultiert, zurückbleiben.

Das seit 1992 in der gleichen Ressourcenausstattung bestehende Referat Gleichstellung – bestehend aus der zentralen Frauen- und der Gleichstellungsbeauftragten – ist für mittlerweile 8400 Beschäftigte Ansprechpartner in allen Fragen der Gleichstellung von Mann und Frau. Der Personalrat der TU Dresden fordert schon seit langem die Aufstockung beider Stellen, um die anfallenden Aufgaben und die Vertretung einer steigenden Zahl von Beschäftigten ohne freiwillige Selbstausbeutung bewältigen zu können. Diese Forderung wird mit der Zusammenführung in eine 100%-Stelle obsolet.

Die Ausübung beider Ämter durch eine Person dürfte zudem zu Rechts- und Interessenkonflikten führen. Auch folgt die Bestellung der Ämter unterschiedlichen Prozeduren. Nebenamtliche Gleichstellungsbeauftragte werden auf der Fakultätsebene gewählt. Diese wählen dann wiederum die zentrale Gleichstellungsbeauftragte. Die Frauenbeauftragte dagegen wird von der Universitätsleitung bestellt auf der Grundlage von Vorschlägen aller weiblichen Beschäftigten der TU Dresden.

Während vor der letzten Bestellung der Frauenbeauftragten 2012 die Beschäftigten durch Rundschreiben und Bekanntgabe im Universitätsjournal rechtzeitig über ihr Vorschlagsrecht informiert wurden, ist das 2016 unterblieben. Auf der Grundlage welcher Vorschläge und welcher Kriterien die Bestellung der nun Gleichstellungs- und Frauenbeauftragten zum 1.10.2016 erfolgt ist, entzieht sich dem Zugriff der Universitätsöffentlichkeit. Die Forderungen der Unterzeichner*innen des offenen Briefes fokussieren deshalb v.a. die Transparenz des Verfahrens und die Vernachlässigung der Informationspflicht über die Vorschlagsrechte der weiblichen Beschäftigten. Anja Weber, Sprecherin der mid, sagt dazu: „Was wir fordern, ist eigentlich nicht viel: nur die Offenlegung des Prozederes, das Einhalten von Gesetzen und ein Aufschub der Entscheidung. Die Gleichstellungs- und die Frauenbeauftragte sind nicht einfach irgendwelche Beschäftigten der TUD, deren Stellen man nach Belieben und aus Effizienzgründen einfach zusammenlegen kann, sondern sie üben gesetzlich vorgesehene Ämter aus, die – ähnlich wie Personal- und Betriebsräte – ein Korrektiv für die strukturell schwächere Position von Arbeitnehmenden gegenüber ihrem Arbeitgeber darstellen. Deshalb sollte eine solche Entscheidung auch nicht im stillen Kämmerlein getroffen werden können.“

Der offene Brief wurde an die Universitätsleitung adressiert sowie dem Senat der TU Dresden zur Kenntnis geschickt. Er ist hier abrufbar.