PM: Offener Brief zum WissZeitVG

Mittelbauinitiativen fordern in offenem Brief umfassendere Änderung des Wissenschaftszeitvertragsgesetzes (WissZeitVG)

Anlässlich der ersten Lesung des Entwurfs für ein Änderungsgesetz des WissZeitVG wenden sich Mittelbauinitiativen aus ganz Deutschland in einem offenen Brief an Bildungsministerin Wanka und die Abgeordneten des Bundestags.

Über Kritiken der Gewerkschaften hinausgehend fordern sie darin eine sehr viel konsequentere Reform. Denn an den für die betroffenen Wissenschaftler*innen biographisch und beruflich desaströsen Wirkungen des Gesetzes und dessen gegenwärtige Anwendungspraxis ändert die geplante Novellierung nichts. Die derzeitige Befristungspraxis führe zu einer „absurden Konsequenz“, die Tino Heim vom Sprecher*innen-Team der Mittelbauinitiative Dresden wie folgt erläutert: „Wir Wissenschaftler*innen werden unter dem Vorwand, dass wir uns für die Forschungs- und Lehrtätigkeiten, die wir fortwährend erfüllen, erst noch qualifizieren müssten, 2 mal 6 Jahre befristet beschäftigt. Sobald wir aber das sog. Qualifikationsziel – den Dr. habil. – erreichen, erwartet die Mehrzahl von uns ein faktisches Berufsverbot für ein ganzes Berufsfeld, in dem wir uns 12 Jahre lang bewährt haben. Denn die Möglichkeiten der sachgrundlosen Befristung sind dann ausgereizt und unbefristete Erwerbsverhältnisse unterhalb der wenigen Professuren gibt es kaum noch.“

Anja Weber vom Sprecher*innen-Team ergänzt, dass dieser Umgang mit wissenschaftlichem Personal ein „beschämendes Alleinstellungsmerkmal“ des deutschen Wissenschaftssystems sei. Überall sonst gäbe es, wie früher auch in Deutschland, verschiedene Perspektiven für „Wissenschaft als Beruf“. Zudem sei es entmündigend, hochqualifiziertes akademisches Personal selbst nach der Promotion noch als „Nachwuchs“ zu behandeln.

Für eine klarere Regelung fordern die Initiativen daher u.a. eine Abschaffung der sachgrundlosen Befristung, die für die Promotionsphase durch einen Sachgrund Qualifikation zu ersetzen wäre, was auch den derzeit häufigen Missbrauch oder kreativen Gebrauch des Gesetzes zur Befristung aller möglichen Personengruppen verhindere.

Die Entscheidung, nach der Promotion weiter wissenschaftlich tätig zu sein, ist eine Entscheidung für die Wissenschaft als Beruf und müsse von Arbeitgeber- wie Arbeitnehmerseite als solche getroffen werden. Damit sollten spätesten dann unbefristete Anstellungen auch für Wissenschaftler*innen wieder Normalität sein. Aber auch Beschäftigte ohne Promotion, die überwiegend Daueraufgaben der Universitäten und wissenschaftlichen Einrichtungen erfüllen, sollen unbefristet beschäftigt werden, so die Forderung der Initiativen.

Im Kern macht der Brief deutlich, dass ein schon im Ansatz problematisches Gesetzeswerk wie das WissZeitVG keine kosmetischen Korrekturen, sondern eine grundlegende Neugestaltung verlangt, da sonst die enorme Personalfluktuation und der ständige Verlust von Erfahrungswissen in Forschung und Lehre nicht nur dem Personal, sondern auch dem Wissenschaftsstandort Deutschland Schaden zufüge.

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